Dank EU-Verordnung weniger Nickelallergien

Langzeitvergleich belegt:
Dank EU-Verordnung weniger Nickelallergien
Datum: 17.09.2013 | Kategorie: Medizin Von: T.K.
Eine aktuelle Langzeitauswertung internationaler Allergiedatenbanken belegt die Effektivität gesetzlicher Beschränkungsmaßnahmen für nickelfreisetzende Legierungen. Während insbesondere der Anteil junger Frauen unter den Nickelallergikern rückläufig ist, erkranken jedoch zunehmend Kinder an der Kontaktsensibilisierung.

Etwa 65 Millionen betroffene Allergiker in Europa attestieren der Nickelallergie fraglos ein epidemisches Ausmaß. Mittels diverser Beschränkungsmaßnahmen versucht die EU bereits seit den neunziger Jahren die Verbreitung der Kontaktallergie einzudämmen – so dürfen Gebrauchsgegenstände, die für einen direkten oder länger anhaltenden Hautkontakt bestimmt sind, eine wöchentliche Abgabe von 0,5 µg Nickel pro cm2 nicht überschreiten. Piercingschmuck unterliegt mit einer zulässigen Nickelfreisetzungsrate von 0,2 µg pro cm2 und Woche noch strengeren Auflagen. Angesichts der aktuell steigenden Anzahl der Nickelallergiker (über 12 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung) darf die Effektivität der europäischen Regularien aber zumindest angezweifelt werden.

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Nickelverordnungen – Effektivität auf dem Prüfstand

Um Klarheit über die tatsächliche Wirkung der europäischen Verordnungen zu schaffen, hat eine internationale Forschergruppe kürzlich eine umfassende Auswertung europäischer Allergiedatenbanken vorgenommen. Das Expertenteam um Seema Garg vom District General Hospital in Rotherham, England, verglich hierfür aktuelle Daten zur Verbreitung der Nickelallergie mit entsprechenden Werten aus der Zeit vor Inkrafttreten der oben genannten Regularien. In die Auswertung flossen insgesamt 180.000 Patchtest-Ergebnisse von Patienten aus Dänemark, Deutschland, Großbritannien und Italien mit Verdacht auf Nickelallergie ein. Ergebnis: Die Forscher, unter denen sich auch Dermatologen aus Erlangen und Göttingen befanden, verzeichneten tatsächlich einen Rückgang der Prävalenz (= Anzahl der Erkrankten) von Nickelallergien in der Bevölkerung.

So konnte in allen Ländern ein rückläufiger Anteil junger Frauen mit Nickelallergie verzeichnet werden. Waren 1995 in Deutschland noch rund 35 Prozent der unter 30-Jährigen gegen das Kontaktallergen sensibilisiert, sank die Prävalenz dieser Altersgruppe bis 2010 auf 15 Prozent. Auch in Dänemark und Großbritannien konnte eine vergleichbare Abnahme von 30 (1985 bzw. 2003) auf etwa 15 Prozent (2010) registriert werden. Lediglich Italien verzeichnete – nach vorheriger Abnahme von 40 (1997) auf 15 Prozent (2009) – zuletzt wieder eine steigende Zahl junger Frauen mit Nickelallergie (25 % in 2010). Eine positive Entwicklung konnte in Deutschland und Großbritannien zudem auch bei jungen Männern beobachtet werden (Rückgang von 10 auf 5 Prozent).

Nickelallergie – hohe Altersgruppen immer stärker betroffen

Ein völlig anderes Bild zeigt sich dagegen in der Altersgruppe der 30- bis 60-Jährigen Frauen. Während die Zahl junger Nickelallergikerinnen europaweit rückläufig ist, verzeichnet die Generation „Ü30“ einen signifikanten Anstieg der Allergieprävalenz. Demnach ist in Deutschland der Anteil sensibilisierter Frauen in der Altersgruppe der über 30-Jährigen von 20 auf 25 Prozent gestiegen. Verantwortlich ist der sogenannte Kohorteneffekt: Menschen, die in ihrer Jugend an der unheilbaren Kontaktallergie erkrankt sind, bleiben auch mit fortschreitendem Alter gegen Nickel sensibilisiert. Infolge sinkender Neusensibilisierungen wandelt sich die Nickelallergie somit zunehmend zu einer Erkrankung der älteren Generationen.

Dass die aufgezeigte Entwicklung auf die gesetzlichen Eindämmungsmaßnahmen zurückzuführen ist, beweist ein Blick in das nicht-europäische Ausland. Während in Europa der besagte Rückgang von Neusensibilisierungen junger Frauen zu verzeichnen ist, ist die Prävalenz von Nickelallergien in Ländern ohne entsprechende Regulierungen wie beispielsweise den USA weiterhin angestiegen.

Aktuell wieder mehr Neusensibilisierungen

Dennoch sollten die positiven Ergebnisse nicht fehlinterpretiert werden: Während im Beobachtungszeitraum von 1995 bis 2010 ein Rückgang der Prävalenz bei Frauen und Männern unter 30 Jahren zu verzeichnen war, belegen aktuelle Untersuchungen wiederum einen signifikanten Anstieg der Neusensibilisierungen im Jugendalter. Demnach sind bereits 10 Prozent aller deutschen Kinder unter 14 Jahren an einer Nickelallergie erkrankt. Ebenso wurde die Zahl der Nickelallergiker hierzulande kürzlich mit 10 Millionen Menschen nach oben korrigiert – dies entspricht über 12 Prozent der deutschen Bevölkerung.

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