Nickelfrei in Deutschland?
Datum: 01.11.2012 | Kategorie: Verbraucherschutz
Von: S.V.
Insbesondere Schmuck wird häufig als „nickelfrei“ deklariert – nicht nur für Allergiker ein entscheidendes Kaufargument. Doch diese sind zunehmend verunsichert – zu häufig verleitet das fragwürdige Werbeversprechen zum gesundheitsgefährdenden Fehlkauf. Rechtsexpertin Sandra Voigt wirft einen Blick auf die aktuelle Situation.
Viele Menschen in Deutschland leiden unter einer Nickelallergie. Auslöser der Allergie ist der ständige Kontakt mit nickelhaltigen Gegenständen. Trotz dieser Erkenntnis wird aber auch heutzutage noch vielen Bedarfsgegenständen des täglichen Lebens – wie Modeschmuck, Knöpfen oder Brillengestellen – Nickel beigemischt. So glänzt etwa der Modeschmuck stärker, wenn er vernickelt wird. Doch ist die Verwendung des gesundheitsgefährdenden Stoffes rechtlich überhaupt zulässig?
Allergiker rechtlich geschützt? Um den Verbraucher vor übermäßigem Kontakt mit dem Allergen Nickel zu schützen, wurden diverse EU-Richtlinien erlassen. In Deutschland umgesetzt wurde die sogenannte Nickelrichtlinie 94 / 27 / EG – geändert durch die EU-Richtlinie 2004 / 96 / EG – in der BedGgstV (Bedarfsgegenstände- verordnung). Nach der BedGgstV in Verbindung mit dem LFGB (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch) dürfen damit gewerbsmäßig keine nickelhaltigen Bedarfsgegenstände in den Verkehr gebracht werden, sofern diese mehr als die festgesetzten Höchstmengen nach den in der Anlage 5a BedGgstV genannten Maßgaben freisetzen. So dürfen etwa nickelhaltige Erzeugnisse, die dauerhaft und unmittelbar mit der Haut in Kontakt kommen – z. B. Ketten oder Armbänder –, 0,5 µg Nickel / cm² / Woche freisetzen und sind rechtlich immer noch zulässig. Bei der Bestimmung der Nickelfreisetzung muss das Messergebnis derzeit jedoch noch mit einem Anpassungsfaktor von 0,1 korrigiert werden – also Messergebnis x 0,1. Das bedeutet, die Nickelfreisetzung könnte im ungünstigsten Fall tatsächlich die rechtlich zulässige Höchstmenge überschreiten, fällt aber dank des Anpassungsfaktors noch unter die erlaubte Nickellässigkeit. Das Versprechen, der Schmuck sei „nickelfrei“ stimmt daher nicht immer. Man kann sich aber beispielsweise in Apotheken einen Nickeltest kaufen und somit zumindest stärker nickelhaltige Erzeugnisse vermeiden. Unternehmen ist zu raten, nicht mehr mit der Angabe „nickelfrei“ zu werben.
Gibt es Sanktionsmöglichkeiten? Da der Inverkehrbringer – das ist grundsätzlich entweder der Hersteller oder der Importeur – für die Sicherheit seiner Ware verantwortlich ist, macht er sich strafbar, wenn der Bedarfsgegenstand mehr Nickel freisetzt, als gesetzlich erlaubt. Er muss dann in Deutschland gemäß § 12 III BedGgstV, § 59 Abs. 1 Nr. 21a LFGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe rechnen. Außerdem gilt innerhalb der EU die sog. REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907 / 2006, wonach unter anderem das Inverkehrbringen von Nickel beschränkt wurde. Überschreitet etwa der Hersteller aus einem Nicht-EU-Land die erlaubte Höchstmenge und der Importeur bringt das Erzeugnis dennoch innerhalb der EU in den Verkehr, haftet der Importeur. Das gilt auch dann, wenn er nickelfreie Ware bestellt, aber nickelhaltige bekommen und z. B. in Deutschland verkauft hat.
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Über Nickelfrei.de
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